Samstag, 9. November 2013

Geduldsfaden: gerissen

Oder: Aggro-Donnerstag.
Meine Doktormutter hat einen Sockenschuss. Gut, das habe ich gewusst, sie ist nicht ganz lebensfähig und ein kleines bisschen wahnsinnig, aber das ist ja oft so bei genialen Leuten.
Mein letztes Gespräch mit ihr war aber ziemlich gut und vor allem ehrlich, ich hab ihr erzählt, dass ich zwar bereit bin, viel in die Doktorarbeit zu investieren, aber deswegen weder meinen Job in der Anatomie sein lassen noch am Marathontraining sparen werde.
Klingt vielleicht ein bisschen bocklos und faul, aber ich habe schonmal eine vergleichbare Arbeit geschrieben und da am Anfang keine Einschränkungen gemacht hinsichtlich dessen, was ich zu tun bereit bin - am Ende war ich quasi die laborinterne Leibeigene einer echten Arschgranate von Doktorand. Deswegen diesmal gleich Grenzen setzen. Wird dann immer noch Arbeit genug, das mit der Doktorarbeit.
Auf jeden Fall schickte Doktormama mir nachts (!!!) ne Mail, ich sollte am nächsten Tag um 4 bei ihr auftauchen. Habe die Mail natürlich nicht mehr gelesen, auch am Morgen nicht, weil ich um acht im OP sein musste. Auch danach las ich sie nicht, weil ich auf Station musste. Kam dann um 6 müde zu Hause an und fand dort eine angepisste Mail vor, dass ich doch, wenn ich in der Klinik sei, doch mal antraben solle.
Schrieb dann recht nüchtern zurück, wenn sie das möchte, muss sie ein bisschen früher Bescheid sagen, ich sitz ja nicht auf Abruf beim Kaffee trinken.
Bekam dann also einen Termin bei ihr, dachte, du meine Güte, was will die eigentlich jetzt schon? Sie weiß doch, dass ich erst ab Januar in den Arbeitskreis einsteigen kann.
Es war dann so: Sie will so eine Ausstellung zum Weltdiabetestag machen und kam ne Woche vorher auf die Idee, ob ich da nicht ein Poster malen könnte. Mit nem Pankreas drauf oder so. Oder besser gleich dem ganzen Torso.
Nee, klar. Ich musste ihr dann klarmachen, dass sie für ein Bild von der Größe mindestens vier Wochen vorher Bescheid hätte sagen müssen, denn ja, ich nehme Aufträge, hätte aber schon welche, die erst dran sind. Sie guckte ein bisschen belämmert, offenbar war ihr nicht klar, dass meine Bilder nicht ganz unbegehrt sind.
Dann sollte ich anderweitig für ein Torsomodell sorgen - ja nee, klar, und in dem Moment riss mir der Geduldsfaden. Für das anatomische Modell verwies ich sie an den cholerischen Lehrbeauftragten der Anatomie, wohl wissend, dass der die Dinger aus der Sammlung im Leben nicht rausrückt. Okay, war gemein. Für ihre Computerprobleme jagte ich ihr einen Kollegen von mir auf den Hals, der auf sie steht und bei Frauen sowieso und grundsätzlich ziemlich offensiv vorgeht.
Habe ihr dann klargemacht, dass ich belastungsmäßig bis Dezember an der Oberkante bin und dass ich bis Januar nur genau das tun werde, was abgesprochen ist - mich in die Theorie der Doktorarbeit gründlich einarbeiten.
Ich kam danach dann geringfügig vor Restwut rauchend - ich dachte ja, meine Doktormutter wäre nicht so wie mein erster Betreuer - zur Bibliothek zurück, wollte meinen Trainingspartner abholen und noch ne Runde laufen. Lief Yasmin in die Arme, die (Oton!) stolz auf mich war, dass ich mich nicht von dieser Frau habe einwickeln lassen.
Nee Yasmin, ich lass mich nur von einer einwickeln. Leider.
Der Tag: gelaufen.

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